Wer glaubt, dass der Verkehr in Berlin oder München übel sei, der sollte sich mal in Bangalore in ein Auto setzen. Nach dieser grenzwertigen Erfahrung sind jede deutsche rote Ampel und überfüllte Kreuzung eine Erholung.
Mut zur Lücke
Wer glaubt, dass der Verkehr in Berlin oder München übel sei, der sollte sich mal in Bangalore in ein Auto setzen. Nach dieser grenzwertigen Erfahrung sind jede deutsche rote Ampel und überfüllte Kreuzung eine Erholung.
Der ist doch Wahn.....! Der Schrecken raubt dem letzten Wort die Buchstaben und dem Sprecher den Atem. Ein offenbar lebensmüder Autofahrer schießt in einem weißen Toyota Etios und Rücksicht auf Verluste über eine Kreuzung. Dass der Harakiri-Stunt ohne gröberen Blech- und menschlichen Kollateralschaden über die Bühne geht, ist nur ganzen Heerscharen von indischen Schutzengeln und den starken Bremsen des Mercedes GLC zu verdanken. Damit noch nicht genug, zwischen den Fahrzeugen trotten auch noch Kühe, völlig tiefenentspannt und souverän. Die sind den Indern heilig und scheinen das zu wissen. Das Chaos widerspricht allem, was der Mitteleuropäer als Verkehrsregeln kennt. Dazu kommt noch der Linksverkehr. Schließlich war Indien englische Kolonie. Dass Fahrspuren lediglich als Angebot wahrgenommen werden, verwundert nur wenig, aber konsequente ignorieren roter Ampeln, treibt dem ordnungsliebenden Teutonen den Angstschweiß auf die Stirn. "In Bangalore gibt es nur sechs Blitzer-Ampeln, die kennt natürlich jeder", erklärt unser indischer Begleiter Shiva.
Verkehrs-Darwinismus
Radarfallen und Verkehrs-Polizei? Fast Fehlanzeige. Und wenn, werden die Ordnungshüter einfach überholt. Egal ob Tempolimit oder nicht, Streifenwagen werden einfach überholt. "Auf mautpflichtigen Privatstraßen geht es etwas schneller", schmunzelt Shiva. Was passiert im Falle des Falles? Ein Strafzettel kostet 300 Rupien, das sind umgerechnet fünf bis sechs Euro. Ein Klacks. Aber bevor sich alle Cannonball-Racer zum Subkontinent aufmachen, sei gesagt, dass beim dritten Verstoß der Lappen weg ist und die Straßen von Schlaglöchern übersät sind. Dazu kommt noch der Dauerstau - wir haben für knapp 20 Kilometer gut zweieinhalb Stunden gebraucht.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 18. November 2016