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Weißblauer Mikrokosmos
BMW hat sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Mit "BMW Connected" starten die Münchner jetzt eine Offensive, bei der mithilfe einer Cloud das mobile Leben des Fahrers einfacher werden soll.

Weißblauer Mikrokosmos

Bei BMW Connected wird das Smartphone des Fahrers mit dem Automobil verwoben (Foto: press-inform / BMW)

BMW hat sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Mit "BMW Connected" starten die Münchner jetzt eine Offensive, bei der mithilfe einer Cloud das mobile Leben des Fahrers einfacher werden soll.

Bei der Vernetzung und dem Infotainment ist BMW bei den Autobauern ziemlich weit vorne dabei. Doch in der digitalen Welt gehen die Uhren anders. Wer heute noch der gefeierte Trendsetter ist, kann morgen schon auf dem Bits-and-Bytes-Schrottplatz sein Dasein fristen. Ein solches Beispiel ist der finnische Handy-Hersteller Nokia, der Anfang 2000er Jahre die Nummer eins im Mobiltelefon-Markt war und jetzt dort nur noch eine Randnotiz ist. Apropos: Kennt eigentlich noch jemand Handys von Ericsson oder Hagenuk?

Keine Daten-Krake

Dieser bittere Kelch soll an München vorbeigehen. Die Digitalisierung spielt in der "Strategy Number One Next" eine große Rolle. Um nicht von den Apples und Googles abgehängt zu werden, geben die Münchner Gas und BMW Connected ist ein erster Schritt in diese neuen Zeiten. "Das Auto wird ein smartes Device im digitalen Leben des Kunden", umschreibt Dieter May, Senior Vice President Digital Services die Zielsetzung. Damit geht eine neue Fokussierung einher. Nicht mehr das Fahrzeug steht im Mittelpunkt, sondern der Kunde, seine Wünsche, seine persönlichen Routinen und vor allem das Smartphone. Mit ihm hat der Fahrer sein Profil überall dabei - auch auf der Straße. Das Handy in das Infotainment des Automobils einzubinden, ist keine Revolution. Das machen andere Hersteller ebenfalls. Anders ist der Grad der Vernetzung: Das Auto lernt aus den Gewohnheiten und Tagesabläufen des Fahrers und ermahnt ihn per Handy-Nachricht, wenn es Zeit ist, loszufahren, um einen Termin noch pünktlich zu erreichen. Dabei fließen auch die Verkehrsdaten in Echtzeit ein. Sind die Verkehrsadern dicht, kommt der Vorschlag, auf die Öffentlichen Verkehrsmittel auszuweichen.


"Wir sind nicht daran interessiert, Daten zu sammeln, sondern die Dienste, die der Kunde benutzt, zu integrieren", beschwichtigt Thom Brenner, Leiter Produktentwicklung digitale Dienste beim Münchner Autobauer. Um sich in den Alltag und die Pläne des Menschen einzugliedern, besorgt sich die BMW-App die Informationen, aus jenen Apps, die der Fahrer nutzt - zum Beispiel Google Maps, Apple Maps oder auch die Restaurant-Empfehlungs-App Yelp. Per Knopfdruck erscheinen Restaurant-Reservierungen auf dem Bildschirm im Auto, und wenn der Stau einem ein Schnippchen schlägt, kann man aus dem Auto heraus der Verabredung einer vorformulierten Verspätungs-SMS inklusive neuer Ankunftszeit schicken. Auch eine Interaktion mit Amazon Echo, einer Art Siri für das Wohnzimmer ist geplant. Damit die Münchner in der schnelllebigen digitalen Welt nicht den Anschluss verlieren, sollen etwa alle sechs Wochen Updates das BMW-Programm auf den neuesten Stand bringen. Genau so, wie es die User von ihren Smartphones gewöhnt sind.

Die Internetfähigkeit ist überlebenswichtig

In den USA, wo es das System schon seit dem 31. März gibt, gab es bereits vier Updates. In Europa wird BMW Connected ab dem 1. August in 18 Ländern eingeführt. Beim neuen BMW 5er, der Ende des Jahres erscheint, wird das System ebenfalls integriert sein und neue Dienste verfügbar sein. Welche genau, bleibt vorerst noch geheim. BMW Connected ist auch abwärts-kompatibel, um im Computer-Jargon zu bleiben. Das Nachrüsten von BMW Connected ist bei allen Fahrzeugen möglich, bei denen die "ConnectedDrive Services" Teil des Infotainment sind.

Natürlich sind auch Fernsteuerungs-Funktionen enthalten (Foto: press-inform / BMW)
Mit dem Smartphone nimmt der Nutzer seinen Mikrokosmos mit ins Auto (Foto: press-inform / BMW)
BMW treibt die Digitalisierung voran (Foto: press-inform / BMW)
(Foto: Hersteller)
(Foto: press-inform / BMW)
(Foto: press-inform / BMW)

Ganz neu ist der Funktionsumfang für abgebrühte Smartphone-Nutzer indes nicht, auch Google Maps mahnt Handynutzer, wenn es Zeit ist, aufzubrechen. Dabei soll es nicht bleiben. Die Münchner drehen ein immer größer werdendes digitales Rad. In Chicago arbeiten 100 Spezialisten an der Software und der Open Mobility Cloud, die sozusagen das Gehirn hinter BMW Connected ist. Auf dieser Basis setzen dann die weiteren Funktionalitäten der App. Die wollen die Münchner für jede wichtige Region maßschneidern. Da in China andere Apps und Dienste genutzt werden, tüfteln in Shanghai die Programmierer daran, die Software für den dortigen Markt zu perfektionieren. "Wir brauchen die Internetfähigkeit, um konkurrenzfähig zu bleiben", sagt Thom Brenner.


Natürlich kämpfen die digitalen Vorreiter bei diesem Vorhaben mit den Handicaps eines Automobils, dessen Hardware nicht ohne Weiteres upgradefähig oder austauschbar ist und einige Jahre ihren Dienst verrichten muss. Dennoch spielt das digitale Können eines Autos nach Ansicht der Analysten eine immer größere Rolle beim Kauf. Ein angenehmer und nützlicher Nebeneffekt ist, dass die Münchner die Autofahrer und deren Wünsche besser und vor allem schneller kennenlernen. "Wir wollen den Kunden verstehen"; erklärt Dr. Florian Reuter, der schon bei Mini die Konnektivität vorangetrieben hat. Aber auch in der digitalen Welt geht nicht alles von heute auf morgen. Zunächst kommen nur Apple-iPhone Besitzer in den Genuss von BMW Connected, erst Ende des Jahres sind dann die Android-User dran.

Autor: Wolfgang Gomoll, München  Stand: 29.07.2016
Fotos: press-inform / BMW  
(Foto: press-inform / BMW)
(Foto: press-inform / BMW)
(Foto: press-inform / BMW)
(Foto: press-inform / BMW)