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Eine Frage der Ehre
Beim alljährlichen Festival of Speed im Garten von Lord March rasen Rennidole in Millionen teuren Boliden einen kleinen Berg hoch. Vom Brexit ist im Süden Englands nichts zu spüren.

Eine Frage der Ehre

Der Porsche 917/30 hat 1.500 PS. (Foto: Marcel Sommer)

Beim alljährlichen Festival of Speed im Garten von Lord March rasen Rennidole in Millionen teuren Boliden einen kleinen Berg hoch. Vom Brexit ist im Süden Englands nichts zu spüren.

Dabei sein ist alles. Bla bla bla. Sobald ein leibhaftiger Rennfahrer auf dem Fahrersitz eines Sportwagens Platz genommen hat und irgendjemand die Zeit stoppt, erscheint dieser Satz so ehrlich wie der Schmerzensschrei eines südeuropäischen Fußballers. Beim Festival of Speed ist das natürlich nicht anders. Beim alljährlich stattfindenden Auto-, Motorrad- oder besser gesagt einfach alles was Räder hat-Fest geht es richtig heiß her. "Es ist einfach unglaublich, wenn man überhaupt daran denkt, wie hier buchstäblich Millionen von Pfund teures Metall Millimeter knapp an alten Mauern vorbeigezirkelt wird. Ich habe auf jeden Fall einen riesen Spaß", fasst es Formel 1-Fahrer Jenson Button zusammen. Und auch Indy 500-Sieger und Formel 1-Legende Juan Pablo Montoya weiß: "Das Goodwood Festival of Speed-Bergrennen war das engste, unebendste, rutschigste Rennen, dass ich jemals gefahren habe. Aber ich habe es geliebt." Beides berühmte Rennfahrer, die wie viele weitere Auserwählte nicht nur einmal im Süden Englands beim Mekka für Autofans auf die Strecke durften. In diesem Jahr pilotiert Jenson Button den brandneuen Honda NSX während des 1,87 Kilometer langen Hill-Climbs. Die 1999 von Nick Heidfeld im McLaren MP4-13 aufgestellte Rekordzeit von 41,6 Sekunden ist bis heute ungeschlagen.

Frischgebackene LeMans-Sieger am Start

Neben Jenson Button sind auch die beiden Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg am Start. Sie fahren den Hybrid-Formel 1-Boliden Mercedes W05 Hybrid. Ebenfalls zu den Neuheiten auf der Strecke gehört ein weiteres Fahrzeug mit dem Stern in der Nase: der neue 585 PS starke Mercedes-AMG GT R. Das älteste Modell der Stuttgarter ist ein 110 Jahre alter Mercedes-GP. Zudem ist noch der 540 K Streamline von 1938 auf der Strecke unterwegs. Doch nicht nur Mercedes ist präsent in Goodwood. Porsche setzt ebenfalls auf ganz erfahrene Rennfahrer in historischen und aktuellen Modellen. So fahren Brian Redman und Richard Attwood in bis zu 1.500 PS starken Oldtimern um die Bestzeit. Brian Redman hat es dann aber leider etwas übertrieben und seinen Porsche 917 P/A gegen die Wand gesetzt.


Seine rollende Weltpremiere feiert ein aufgefrischter Schwede. Der Volvo V60 Polestar wird von Robert Dahlgren, dem dienstältesten Volvo-Werksfahrer den tausenden von Besuchern präsentiert. Mehr quer als geradeaus geht es mal wieder zur Sache, sobald die Rallye-Asse in ihren WRC oder sonstigen Rennwagen von der Kette gelassen werden. Allen voran der trotz nicht gerade berauschender Leistungen in der WRC-Rangliste bekannteste Rallye-Fahrer Ken Block. Die Gymkhana-Legende fährt in seinem 2015er Ford Fiesta RX43 aus dem achten Gymkhana-Film. 650 PS und 900 Newtonmeter peitschen den Kölner Zwerg in 1,8 Sekunden auf Tempo 100. Auch aus dem Hause Ford ist ein gerade erst frisch gebackener LeMans-Klassensieger am Start: der Ford LM GTE . Am Steuer wechseln sich Dirk Müller aus Burbach im Siegerland - einer der drei Fahrer, die mit dem Ford GT den Klassensieg in Le Mans errungen haben - und sein schottischer Teamkollege Marino Franchitti ab.

Ein Muss für jeden Autofan

Mit einem Großaufgebot an siegreichen Fahrzeugen und prominenten Piloten erinnert die BMW Group Classic beim Festival of Speed 2016 im südenglischen Goodwood an die spektakulärsten Rennsporterfolge der 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Darüber hinaus wird BMW beim diesjährigen Festival of Speed als "Honoured Marque" gewürdigt. Gemeinsam mit Ian Robertson, Mitglied des Vorstands der BMW AG, eröffnet Lord March daher das Rennsport-Wochenende mit einer Fahrt in einem BMW 507 aus dem Jahr 1957. Mit dem Z4 GT3 eine wesentlich sportlichere Variante stellt der ehemalige Formel 1-Fahrer und nun Paralympic Rad-Champion Alex Zanardi im Renntempo vor.

Festival of Speed Skulptur (Foto: Marcel Sommer)
Alfa Romeo 308 C (Foto: Marcel Sommer)
1990 Porsche 911 Singer (Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)

Zu den Motorsporthelden außerhalb des Cockpits zählen namhafte Renningenieure und Teamchefs. Mit dem ehemaligen Benetton-, Ferrari- und Brawn-Teamchef Ross Brawn und dem wahrscheinlich bekanntesten Ingenieur Adrian Newey geben sich zwei der ganz Großen in zwei ganz speziellen Fahrzeugen die Ehre. Ross Brawn übernimmt das Steuer des Formel 1-Meisterschaftsautos von 2009 und Adrian Newey das des 2008er Toro Rosso, mit dem Sebastian Vettel zu seinem ersten Grand Prix-Sieg fuhr. Einen ziemlich abgehobenen Höhepunkt bildet die Airshow der Red Arrows. In waghalsigen Manövern, die in sicherer Entfernung zum Veranstaltungsort vollführt werden, zeigen die Düsenjägerpiloten, was mit Präzision und Erfahrung alles zu erreichen ist. Das Festival of Speed in Goodwood ist trotz sehr wechselhaften Wetters mal wieder jede Sekunde wert gewesen. Oder anders gesagt: Das FOS ist ein Muss für jeden Autofan - egal, ob England zu Europa gehört oder nicht.

Autor: Marcel Sommer  Stand: 25.06.2016
Fotos: Marcel Sommer  

(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)